bzw.:BEZIEHUNGSWESEN

Verlust. Ein Grundproblem der Moderne

Podiumsgespräch zur Buchpremiere

Können Gesellschaften modern bleiben und sich zugleich produktiv mit Verlusten auseinandersetzen? Andreas Reckwitz im Gespräch mit Jens Bisky.

Andreas Reckwitz und Jens Bisky

Tickets

Gletscher schmelzen, Arbeitswelten verschwinden, Ordnungen zerfallen. Verluste bedrängen die westlichen Gegenwartsgesellschaften in großer Zahl und Vielfalt. Sie treiben die Menschen auf die Straße, in die Praxen der Therapeuten und in die Arme von Populisten. Sie setzen den Ton unserer Zeit. Während sich die Formen ihrer Bearbeitung tiefgreifend verändern, scheinen Verlusterfahrungen und Verlustängste immer weiter zu eskalieren. Wie ist das zu erklären? Und was bedeutet es für die Zukunft?

Andreas Reckwitz leistet Pionierarbeit und präsentiert mit „Verlust. Ein Grundproblem der Moderne“ (Suhrkamp 2024) die erste umfassende Analyse der sozialen und kulturellen Strukturen, die unser Verhältnis zum Verlust prägen. Unter dem Banner des Fortschritts, so legt er dar, wird die westliche Moderne schon immer von einer Verlustparadoxie angetrieben: Sie will (und kann) Verlusterfahrungen reduzieren – und potenziert sie zugleich. Dieses fragile Arrangement hatte lange Bestand, doch in der verletzlichen Spätmoderne kollabiert es. Das Fortschrittsnarrativ büßt massiv an Glaubwürdigkeit ein, Verluste lassen sich nicht mehr unsichtbar machen. Das führt zu einer der existenziellen Fragen des 21. Jahrhunderts: Können Gesellschaften modern bleiben und sich zugleich produktiv mit Verlusten auseinandersetzen? Ein wegweisendes Buch, das Andreas Reckwitz im Gespräch mit Jens Bisky vorstellt.

Andreas Reckwitz, geboren 1970, ist Professor für Allgemeine Soziologie und Kultursoziologie an der Humboldt-Universität zu Berlin. Sein Buch Die Gesellschaft der Singularitäten wurde 2017 mit dem Bayerischen Buchpreis ausgezeichnet und stand 2018 auf der Shortlist des Sachbuchpreises der Leipziger Buchmesse. 2019 erhielt er den Leibniz-Preis der Deutschen Forschungsgemeinschaft.

Jens Bisky, geboren 1966, war lange Jahre Feuilletonredakteur der Süddeutschen Zeitung und arbeitet seit 2021 als geschäftsführender Redakteur des Mittelweg 36 am Hamburger Institut für Sozialforschung. Er ist Autor mehrerer Bücher, darunter Kleist. Eine Biographie (2007) und Berlin. Biographie einer großen Stadt (2019). 2017 verlieh ihm die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung den Johann-Heinrich-Merck-Preis für literarische Kritik und Essay.

Eintritt: 8 €, ermäßigt: 5 €, Mitglieder: 3 €

Foto: Andreas Reckwitz: Jürgen Bauer / Suhrkamp; Jens Bisky: Martin Kraft, Wikimedia Commons