Livestream: Als Hitler auf dem Kopf stand - Durs Grünbeins “Oxford Lectures” über deutsche Geschichte

Dr. Manfred Osten, Durs Grünbein


In seinen vier Vorlesungen, die Durs Grünbein als einer der bedeutendsten deutschen Dichter 2019 als „Lord Weidenfeld Lectures“ in Oxford gehalten hat, findet sich die irritierende Einsicht: „Jeden Tag treibt uns Geschichte, diese brutale Übersetzung der Zeit in eine kollektive Erzählung, aus uns selbst heraus…“ Grünbein hat es gewagt, sich als Nachgeborener der Weltkriegsgeneration dieser „brutalen Übersetzung der Zeit“ zu stellen. Das heißt, er hat sich einholen lassen von den Taten und Gedanken der Vorfahren. Mit dem Ergebnis verstörend schonungsloser Blicke auf die eigene und auf unsere „verwirrte Imagination“, die sich bis heute mit dieser (Geschichte genannten) „kollektiven Erzählung“ unauflöslich verbindet. Im Gespräch mit Manfred Osten soll eingegangen werden auf Grünbeins faszinierend unorthodoxe Erhellungen dieser „kollektiven Erzählung“ – von der violetten (Hitler-)Briefmarke über die Reichsautobahnen und den Luftkrieg bis hin zur Frage, die Grünbein „seit einiger Zeit mehr als andere beschäftigt“: Ist das Gespenst (des Faschismus) wirklich „gebannt und verbrannt“? Oder kommt es jetzt aus der Zukunft auf uns zu, weil (hoffentlich nicht) als letztes Wort gilt: „Die Geschichte lehrt dauernd, aber sie findet keine Schüler“ (Ingeborg Bachmann). Durs Grünbein ist ein deutscher Lyriker, Essayist und Übersetzer. Er gilt als einer der bedeutendsten deutschsprachigen Poeten der Gegenwart und wurde für sein Werk mehrfach ausgezeichnet. Dr. Manfred Osten, Autor und Kulturwissenschaftler, ehem. Generalsekretär der Alexander-von-Humboldt-Stiftung, Bonn